Essen und Trinken versorgt den Körper in Form von Kohlenhydraten, Eiweiß, Fett und Alkohol mit Energie. Dabei sind Kohlenhydrate die vom Körper bevorzugte Quelle. Mithilfe des glykämischen Index (GI) werden Kohlenhydrate danach klassifiziert, wie schnell sie vom Körper absorbiert werden und den Blutzuckerspiegel anheben. Diese Klassifizierung ersetzt die früher übliche Einteilung in „einfache“ oder „komplexe“ Kohlenhydrate.
Nahrungsmittel, die Kohlenhydrate enthalten, sind Brot, Frühstücksflocken, Reis, Nudeln, Hülsenfrüchte, Mais, Kartoffeln, Obst, Milchprodukte, Zucker, Kekse, Kuchen und Süßigkeiten.
Das Verdauungssystem spaltet kohlenhydrathaltige Nahrungsmittel in Einfachzucker, hauptsächlich Glukose. So wird zum Beispiel sowohl Reis als auch Limonade in Einfachzucker zerlegt. Dieser wird dann mit dem Blut zu jeder Zelle transportiert.
Die Bauchspeicheldrüse produziert Insulin, ein Hormon, das dafür sorgt, dass die Glukose zu den Zellen transportiert wird. Dort angekommen, wird die Glukose mithilfe von Sauerstoff zur Energieerzeugung „verbrannt“. Vor allem unser Gehirn, die Muskeln und das Nervensystem brauchen Glukose als Haupttreibstoff.
Überschüssige Glukose verwandelt der Körper in Glykogen. In Form von Glykogen kann der Körper Glukose im Muskelgewebe und in der Leber als Reserve speichern, um den Blutzuckerlevel zwischen den Mahlzeiten und bei körperlicher Anstrengung konstant zu halten.
Kohlenhydrathaltige Lebensmittel werden auf einer Skala, genannt glykämischer Index, danach eingeordnet, wie stark sie den Blutzuckerspiegel innerhalb einer festgelegten Zeitspanne – gewöhnlich zwei Stunden – verändern.
Als Referenzwert wird hierbei Glukose oder Weißbrot mit einem GI von 100 festgelegt, mit dem diese Lebensmittel verglichen werden. Hierbei werden Lebensmittel mit gleichem Kohlenhydratgehalt Gramm für Gramm daraufhin untersucht, wie schnell diese aufgespalten werden – je schneller, desto höher ist der GI. Als einen hohen GI bezeichnet man Werte über 70. Solche „schnellen“ Kohlenhydrate, die die Glukose rasch ans Blut abgeben, sind z.B. in gebackenen Kartoffeln enthalten.
Kohlenhydrate, die langsam abgebaut werden, wie sie beispielsweise in Haferflocken vorkommen, geben die Glukose nur allmählich ans Blut ab. Sie haben einen niedrigen GI (unter 55). Der Blutzuckerspiegel steigt langsamer und flacher an. Lebensmittel mit niedrigem GI verlängern durch das langsamere Aufspalten die Verdauung und sorgen dadurch für ein längeres Sättigungsgefühl.
Die richtige Art der Kohlenhydrate hängt vom Einzelnen und der Situation ab. So wird z.B. Vollkornbrot und Weißbrot unterschiedlich schnell in Glukose aufgespalten. Menschen mit Diabetes des Typs 2 oder mit Glukoseintoleranz sind entweder gegen die Wirkung des Insulins resistent oder können nicht ausreichend Insulin herstellen, um mit dem Überangebot an Glukose fertig zu werden, das nach dem Verzehr einer kohlenhydrathaltigen Mahlzeit ans Blut abgegeben wird. Dies kann dazu führen, dass ihr Blutzuckerspiegel über das normale Level ansteigt.
Vollkornbrot wird sehr viel langsamer in Einfachzucker aufgespalten als Weißbrot, so dass der Körper sich mit der Insulinproduktion besser anpassen kann und der Blutzuckerspiegel weniger stark ansteigt. Deshalb ist Vollkornbrot zum Frühstück für Typ-2-Diabetiker die bessere Wahl als Weißbrot. Auch für Gesunde bedeutet es eine kontinuierlichere Energiezufuhr.
Bei einer Hypoglykämie (Unterzuckerung) hingegen, wenn der Blutzuckerspiegel unter den Normalwert von 4-8 mmol/L fällt, muss der Diabetiker schnell etwas Kohlenhydrathaltiges essen (am besten etwas mit hohem GI), um den Blutzucker wieder ins Lot zu bringen. Der Verzehr von fünf Gummibärchen zum Beispiel oder etwas Traubenzucker kann hierfür schon ausreichen.
Die Menge des verzehrten kohlenhydrathaltigen Lebensmittels beeinflusst ebenfalls den Blutzuckerspiegel. So ist es für Diabetiker und Glukoseintolerante beispielsweise nicht ratsam, riesige Mengen von Vollkornnudeln zu verzehren, auch wenn diese (besonders "al dente" gekocht) einen niedrigen GI haben, weil die Gesamtmenge der Kohlenhydrate und damit der zugeführten Energie einfach zu hoch wäre.
Das Konzept der glykämischen Last (GL) baut auf dem GI auf, indem es sowohl den GI eines Lebensmittels als auch den Gehalt an Kohlenhydraten pro Portion berücksichtigt. Dieses Konzept geht davon aus, dass eine geringe Menge eines Lebensmittels mit hohem GI den gleichen Effekt auf den Blutzuckerspiegel hat wie eine große Menge eines Lebensmittels mit niedrigem GI. Die GL wird ganz einfach berechnet, indem man den GI mit dem Kohlenhydratgehalt (in Gramm) einer Portion des betreffenden Lebensmittels multipliziert.
Eine Diät mit Schwerpunkt auf niedrigem GI wurde bisher gemeinhin als guter Weg zur Gewichtsabnahme angesehen, da hierdurch Blutzucker und Appetit gut unter Kontrolle gehalten würden. Beim direkten wissenschaftlichen Vergleich stellte sich jedoch heraus, dass eine GI-niedrige Ernährung kaum zusätzliche Vorteile bei der Gewichtsabnahme bringt gegenüber einer ähnlichen Diät aus Nahrungsbestandteilen mit hohem GI.
Auch wenn der GI bei der Erstellung eines Diätkonzepts und bei der Kontrolle des Blutzuckerspiegels sicher nützlich ist, sollte man dennoch andere ebenso wichtige Faktoren nicht außer Acht lassen, nämlich die Nahrungsmenge pro Mahlzeit und den Nährstoffgehalt.
Wenn man zwei Stunden vor einer Ausdauersportart wie z.B. Langstreckenlauf Lebensmittel mit niedrigem GI isst, kann das die Leistungskapazität verbessern. Man nimmt an, dass dann die Mahlzeit vor dem Start den Magen bereits verlassen hat, aber noch ein paar Stunden lang im Dünndarm verweilt und von dort Energie abgibt.
Während der 24 Stunden langen Erholungsphase nach der Ausdauerleistung jedoch empfehlen sich GI-hohe Lebensmittel, um die Muskeln rasch wieder mit ihrem Betriebsstoff Glykogen aufzufüllen.
niedriger GI (unter 55): Sojaprodukte, Bohnen, Obst (mit Ausnahme von Ananas und Trockenfrüchten), Milch, Vollkornnudeln, grobkörniges Vollkornbrot, Linsen, Haferflocken
mittlerer GI (55 bis 70): Orangensaft, Ahornsirup, Basmatireis, feines Vollkornbrot
hoher GI (über 70): Kartoffeln, Weißmehlgebäck, Zucker, Honig, Stärke, Rundkornreis, Reismehl/-nudeln
Weitere Werte: Tabelle Glykämischer Index verschiedener Lebensmittel
Der GI kann unterschiedlich ausfallen je nach Größe, Beschaffenheit, Reife und Konsistenz bzw. Viskosität (innere Reibung oder „Dickflüssigkeit“) eines Nahrungsmittels. So haben unreife Bananen einen GI von 30 und reife von 51.
Fett, Eiweiß, lösliche Ballaststoffe, Fruktose (Fruchtzucker) und Laktose (Milchzucker) senken generell den glykämischen Effekt. Fett und säurehaltige Zutaten (wie Essig, Zitronensaft oder saures Obst) verlangsamen die Magenentleerung und senken die Verdauungsgeschwindigkeit, was ebenfalls zu einem niedrigeren GI führt.
Andere Nahrungsbestandteile wie Phytate (als Phosphorspeicherform in Pflanzen enthalten) in Vollkornbrot und Frühstücksflocken können die Nahrungsverwertung ebenso verzögern und damit den GI absenken.
Auch Kochen und andere Verarbeitungsmethoden beeinflussen den GI – in winzige Stückchen zerkleinerte Nahrung wird einfacher absorbiert und hat damit einen höheren GI. Gekochte Lebensmittel, die man abkühlen lässt (wie Kartoffeln), können hingegen einen niedrigeren GI haben als noch heiß verzehrte; "al dente" gekochte Nudeln haben einen niedrigeren GI als weichgekochte.
Mit gewissen Einschränkungen kann man den GI durchaus für eine gesunde Ernährungsweise zu Rate ziehen. Beispielsweise ist der GI mancher Früchte, Gemüse und Vollkornprodukte unter Umständen höher als der von Leckereien wie Kuchen oder Keksen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass man Obst, Gemüse und Müsli durch Kekse und Kuchen ersetzen sollte, weil erstere wichtige Nährstoffe und Antioxidantien enthalten und letztere nicht. Der GI kann jedoch ein nützlicher Ratgeber sein beim klugen Austausch bestimmter Nahrungsmittel, zum Beispiel Haferflocken statt Cornflakes und Vollkornbrot statt Weißbrot.
Es ist nicht immer möglich und auch gar nicht nötig, immer nur GI-niedrige Lebensmittel auszuwählen. In einer gesunden, ausgewogenen Ernährungsweise finden auch Lebensmittel mit mittlerem oder hohem GI ihren Platz, besonders, wenn sie wichtige Nährstoffe enthalten. Wenn man solche Lebensmittel mit GI-niedriger Nahrung bei einer Mahlzeit mischt, hat das Essen ja dann einen mittleren GI.
Bei gesundheitlichen Problemen wie Diabetes sollte man allerdings stets seinen Arzt befragen, bevor man irgendetwas an der Ernährung ändert.